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Interreligiöser Newsletter
Ausgabe 3 / August 2018
EDITORIAL

Liebe Leserin, lieber Leser,

mit der 3. Ausgabe unseres Interreligiösen Newsletters möchten wir Ihnen einen guten Start nach der Sommerpause und den Sommerferien wünschen.

Zunehmend wird in unserer Gesellschaft die Frage diskutiert, ob der Islam demokratie-fähig ist. Nicht selten werden dabei Ressentiments laut. Vorurteile werden bestärkt, die dann zu unsachlichen Diskussionen führen.

Der Newsletter möchte u.a. dazu beitragen, sich im Hinblick auf diese Frage sachlich und inhaltlich zu informieren und zu orientieren. Er verweist auf Fachartikel, gesetzliche Regelungen und stellt eine Moscheegemeinde in Frankfurt vor, die für Dialogbereitschaft und Toleranz steht.

Darüber hinaus erhalten Sie natürlich einen Überblick über aktuelle Veranstaltungen und Materiallinks.

Liebe Leserin, lieber Leser, Sie waren bisher an der einen oder anderen Stelle entweder mit dem Zentrum Oekumene oder mit dem RPI in Kontakt, als es um interreligiöse Fragen ging. Deswegen haben wir uns erlaubt, Sie auf die Adressenliste des Interreligiösen Newsletters zu setzen. Wenn Sie aus Gründen des Datenschutzes aus dem Verteiler gestrichen werden wollen, dann gehen Sie auf den entsprechenden Link am Ende des Impressums.

Wir wünschen eine anregende Lektüre!

Anke Kaloudis & Andreas Herrmann 



INHALT


Kirche und Religionen

Islam und Demokratie

Wir hören oft, der Islam sei mit der Demokratie nicht vereinbar. Damit geht die Auffassung einher, dass der Islam nicht einfach eine Religion ist, sondern vielmehr eine Gesellschaftsordnung, und zwar eine mit einem sehr effizienten Zugriff auf ihre Angehörigen. Wenn sich manche muslimische Gesellschaften mit der Einführung demokratischer Verhältnisse schwer tun, liegt das nach dieser Auffassung am Islam selbst, der eben keine Demokratie zulasse. Es ist zunächst durchaus richtig, dass in den islamischen Grundaussagen über Demokratie nichts zu finden ist. Überhaupt gibt es im Koran praktisch keine Aussagen zur Politik. Auf zwei Stellen wird oft Bezug genommen. Die eine besagt: "Ihr Gläubigen! Gehorcht Gott und dem Gesandten und denen unter euch, die zu befehlen haben!" (4,59) Die andere empfiehlt "Beratung" (42,38). Aus der ersten Stelle lässt sich eine Gehorsamspflicht gegenüber der Obrigkeit ableiten, aber keine konkreten Hinweise über die genaue Ausgestaltung dieser Obrigkeit. Und aus der zweiten Stelle, wichtige Entscheidungen nach Beratung zu treffen, kann man etwas Demokratisches herauslesen, wie es auch tatsächlich bis heute geschieht. Das alles bleibt enorm vage. Aus dem Koran lässt sich weder im Positiven noch im Negativen irgendeine präzise Haltung zur Demokratie gewinnen. Wer sich mit den Fragen, die um das Thema "Islam und Demokratie" entstehen, näher befassen möchte, findet über den unten stehenden Link zwei weiterführende Texte dazu. Darüber hinaus bietet die Tagung "Scharia und Säkularität" (Arbeitstitel), die vom 29. bis 31. März 2018 an der Evangelischen Akademie Hofgeismar stattfinden wird, eine gute Gelegenheit dazu. 

Hier geht es zum Artikel von Rainer Hermann in der Frankfurter Allgemeinen: "Offen für jedes System politische System". Klicken ...

Hier geht es zum Artikel von Alexander Flores: "Islam und Demokratie. Realität und gegenläufige Diskurse". Klicken ...

  

CIBEDO e.V. (Christlich-Islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle)

Die Christlich-Islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle der deutschen Bischofs-konferenz (CIBEDO) kann in diesem Jahr auf eine 40-jährige Geschichte zurückblicken. Am 19. Oktober 2018 findet ein Festakt in Berlin statt, an dem auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilnehmen wird. Wir nehmen dies zum Anlass, um an dieser Stelle auf CIBEDO hinzuweisen, die in Frankfurt auf dem Gelände der Philosophischen Hochschule St. Georgen (Offenbacher Straße 224) untergebracht ist. CIBEDO hat eine Bibliothek, organsiert Kurse und Tagungen, bringt die CIBEDO Schriftenreihe heraus und bietet aktuelle Informationen zum christlich-islamischen Dialog. Ein Besuch auf der Homepage lohnt sich: www.cibedo.de    

 

Neue Sicht orthodoxer Rabbiner auf das Christentum 

von Friedhelm Pieper (Zentrum Oekumene Frankfurt)

Im Dezember 2015 erschien eine überraschende Erklärung orthodoxer Rabbiner aus Israel, Europa und den USA mit dem Titel: „Den Willen unseres Vaters im Himmel tun: Hin zu einer Partnerschaft zwischen Juden und Christen“. Sie beginnt mit den Worten: „Nach fast zwei Jahrtausenden der Feindseligkeit und Entfremdung erkennen wir, orthodoxe Rabbiner, Leiter von Gemeinden, Institutionen und Seminaren in Israel, den Vereinigten Staaten und Europa, die sich uns darbietende historische Gelegenheit: Wir möchten den Willen unseres Vaters im Himmel tun, indem wir die uns angebotene Hand unserer christlichen Brüder und Schwestern ergreifen. Juden und Christen müssen als Partner zusammenarbeiten, um den moralischen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.“

Die Rabbiner wollen mit dieser Erklärung zum einen die Bemühungen in den Kirchen anerkennen und würdigen, zu einem grundsätzlich neuen Verhältnis zum Judentum zu kommen und dafür alte traditionelle antijüdische Lehren der Kirchen zu überwinden. Sie wollen aber auch ein Zeichen gegen den auch im Judentum zunehmenden Fanatismus setzen, einschließlich dessen Übergriffe gegen Andersgläubige.

Die Erklärung der Rabbiner ist höchst bemerkenswert, bemüht sie sich doch um nichts Geringeres als darum, aus der jüdischen Tradition diejenigen Stimmen zusammenzutragen, die eine theologische Anerkennung des Christentums aus jüdischer Sicht ermöglichen. Rabbiner Jehoschua Ahrens aus Darmstadt, einer der Mitautoren dieser jüdisch orthodoxen Stellungnahme, erklärte 2016 bei einem Fachgespräch im Zentrum Oekumene in Frankfurt a.M.: „Das Christentum ist weder ein Zufall, noch ein Unfall, sondern gottgewollt und ein Geschenk an die Völker."

Hier geht es zur Erklärung der orthodoxen Rabbiner: Klicken ...      

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Schule und Religionen

Moscheegemeinden stellen sich vor:

Islamische Informations- und Serviceleistungen Frankfurt e.V. (IIS)

Der gemeinnützige Islamische Informations- und Serviceleistungen e.V. (IIS) ist ein deutschsprachiger Verein, der am 03.10.1995 von Muslimen und Musliminnen verschiedener Herkunft und Nationalität gegründet wurde. Seit der Gründung finden die Freitagsansprachen sowie alle Aktivitäten des Vereins ausschließlich auf Deutsch statt. Der IIS leistet innermuslimische Integrations- und Bildungsarbeit, darüber hinaus fungiert er als vernetzter Dienstleister innerhalb der Sozialen Arbeit, für Universitäten und Studierende, Medienschaffende sowie als Promoter für den Fairen Handel. In Frankfurt hat der IIS den interreligiösen Dialog mit aufgebaut. Deutschlandweit ist der IIS als Modellgemeinde gefragt und konnte in über 50 Städten als Multiplikator wirken und dabei mit ca. 150 Organisationen interagieren. Bereits 2013 war der Verein als Deutschlands erste Fairtrade-aktive Moscheegemeinde Teil der Bewerbung Frankfurts zur Fairtrade Hauptstadt. Der Arbeitskreis „Interkultureller Dialog“, dem der IIS seit der Gründung des Arbeitskreises angehört, wurde mit dem Nachbarschaftspreis 2016 des Frankfurter Programms „Aktive Nachbarschaft“ ausgezeichnet. Der IIS erfuhr eine besondere Würdigung, als er sich mit einem Vertreter auf der Bühne der Mahnwache in Berlin gegen die Attentate in Paris und Islamfeindlichkeit und Fremdenhass im Januar 2015 beteiligen konnte (Foto siehe oben).

Hier geht es zur Homepage der Moscheegemeinde: Klicken ...   

   

Regelungen bei religiösen "Konfliktfällen"

Teilnahme am Sportunterricht und Klassenfahrten, Bekleidungsfragen, Einrichtung von Gebetsräumen: An Schulen herrscht nicht selten eine große Unsicherheit, wie im Hinblick auf solche Themen reagiert werden kann. Es gilt dabei, das Recht auf freie Ausübung der Religion mit den Regelungen der gesetzlichen Schulpflicht in einen "schonenden Ausgleich" zu bringen. Im Amtsblatt 7/12 des Hessischen Kultusministeriums findet man dazu entsprechende Hinweise und Informationen.

Amtsblatt 7/12: Hinweise zur Rechtssprechung bei Konfliktfällen in der Schule aufgrund religiöser Grundüberzeugungen. Hier klicken ...

Die Rechtssprechung zum Tragen von Kopftüchern bei Lehrerinnen an hessischen Schulen kann hier eingesehen werden: Klicken ...    

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Fortbildungen und Veranstaltungen

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Internetlinks, Material und Büchertipps

Neu erschienen sind die Aktionskarten "Interkulturelles Lernen" und die Wimmelplakate der fünf Weltreligionen beim Beltz-Verlag. Die Aktionskarten enthalten unterschiedliche Aufgabenstellungen zur Umsetzung im Unterricht! Die Wimmelplakate bieten viele Möglichkeiten, fremde Kulturen und Religionen zu entdecken. Für Kindergarten, Grundschule und 5./6. Jahrgangsstufe geeignet: Hier klicken ...

 

Geschichten aus Bibel und Koran findet man in dem kürzlich veröffentlichten Buch: "Aufeinander zugehen - gemeinsam Schätze teilen". Zu den Geschichten aus Bibel und Koran werden kreative Methoden für das Unterrichtssetting dargestellt und erläutert. Zu dem Buch gehört auch eine CD mit Liedern für die interreligiöse Begegnung in Schule und Gemeinde. Hier klicken ...

 

Schalom und Salam: ein Video über einen jüdischen Jungen und ein muslimisches Mädchen in Deutschland. Hier klicken ...

 

Unterschiedliche Festkalender der Weltreligionen sind hier zu finden: Klicken ...

 

Buchtipp Lutz Berger: Die Entstehung des Islam, Die ersten hundert Jahre, Von Mohammed bis zum Weltreich der Kalifen, C.H. Beck, München 2016.

Über das Auftauchen des Islam im 7. Jahrhundert n. Chr. und seine rasante Ausbreitung ist viel spekuliert worden. Der in Kiel lehrende Islamwissenschaftler und Turkologe Lutz Berger vollbringt das Kunststück, den Aufstieg des Islam ganz aus den Bedingungen der Zeit zu erklären und zugleich in eine welthistorische Perspektive zu stellen. Man erfährt beispielsweise einiges über die Rivalität der antiken Großreiche der Römer und der Sassaniden, die einen nicht zu unterschätzenden Faktor für die Ausbreitung des Islam darstellt. Aber auch die innerarabischen Verhältnisse werden unter einem historischen Blickwinkel betrachtet, um so die überraschende Entwicklung  besser verstehen zu können, dass die Macht irgendwann in den Händen der Menschen der Arabischen Halbinsel liegen konnte. Ein gut zu lesendes Buch; empfehlenswert für alle, die an historischen Entwicklungen interessiert sind.     

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Denkanstoß

Gemeinsame Gottesdienste in der Schule feiern!

von Serdar Özsoy (Ausbilder Islamischer Religionsunterricht, Studienseminar Gießen)

Das Schuljahr 2018/19 hat erst letzte Woche begonnen. Und wie in den vorherigen Schuljahren auch konnte man schon gleich zu Beginn die Abwesenheit einiger Schülerinnen und Schüler beobachten, da sie beispielsweise in die Kirche gegangen sind, um u.a. für ein erfolgreiches neues Schuljahr zu beten.
Doch neben dieser gängigen Praxis gibt es auch die Möglichkeit, einen "multireligiösen" Gottesdienst zum Schuljahresbeginn für alle in der Aula der Schule zu organisieren.
Im Rahmen einer solchen Feier wird neben dem Pfarrer auch der Imam der örtlichen Gemeinde eingeladen, in der beide nicht nur für besonders gute Noten, sondern auch für ein friedliches Zusammenleben beten.

Darin sehe ich eine große Chance, da Kinder und Jugendliche die Religion und die dazugehörige Praxis ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler besser kennenlernen können. Somit lernt man sein Gegenüber näher kennen, unbekannte Situationen und Praktiken besser einschätzen und erkennt, dass es neben Unterschieden auch Gemeinsamkeiten gibt. Durch den Kontakt und die Nähe zum „Anderen“ werden Vorurteile abgebaut, was für das Mit- oder gar Füreinander von großer Bedeutung ist.

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IMPRESSUM

Der "Interreligiöse Newsletter" ist eine gemeinsame Publikation des Zentrums Oekumene der EKHN und der EKKW und des Religionspädagogsichen Institutes (RPI) der EKKW und der EKHN.

Verantwortlich im Sinne des Presserechts:

Anke Kaloudis
Religionspädagogisches Institut der EKKW und der EKHN
Regionalstelle Frankfurt
Rechneigrabenstraße 10
60311 Frankfurt am Main
069 92107-299
anke.kaloudis@rpi-ekkw-ekhn.de
www.rpi-ekkw-ekhn.de

Andreas Herrmann
Zentrum Oekumene der EKHN und der EKKW
Praunheimer Landstraße 206
60488 Frankfurt am Main
069 976518-69
herrmann@zentrum-oekumene.de
www.zentrum-oekumene.de

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